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Tagebuch einer Schamanin, aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin.

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Zwei Schwestern

Unlängst war ich wieder unterwegs. Auf dem Heimweg fielen mir die beiden Schwestern ein, wenn ich da einen kleinen Umweg mache, könnte ich bei denen vorbeischauen. Gedacht, getan!

Kennengelernt hatte ich die beiden alten Bäuerinnen bei ihrem Nachbarn, der hatte mal Probleme mit Durchfall bei Kälbern. Naja, ich habe ihm helfen können. Als ich dann zum Kontrollbesuch kam, warteten schon die beiden Bäuerinnen auf mich und wollten wissen, ob meine Wunderkügelchen auch bei der Moderhinke helfen. Naja, so kamen wir ins Gespräch.

Ich schaute mir ihre Schafe an, ja, sie hatten wirklich die Moderhinke. Ich schrieb ihnen auf, was sie sich besorgen und wie sie die Mittel verabreichen sollten. Ich bat sie noch, in drei Tagen anzurufen, wie die Mittel greifen.

Pünktlich nach drei Tagen riefen sie an, ganz begeistert, die Moderhinke sei am Abklingen. Sie freuten sich und sie sagten mir mehrmals, wenn ich in ihrer Nähe bin, sollte ich immer vorbeischauen. Das ist schön, solche Kundinnen zu haben.

Also besuchte ich die beiden gestern. Sie freuten sich über mich und luden mich gleich zu einem Tee ein. Wir kamen ins Erzählen. Da kam ein Nachbar gelaufen, er hatte mein Auto gesehen, und stand gleich in der Küche.

Er sprach mich gleich an, ob ich helfen könne, dann sprudelte er so schnell in seinem Dialekt die Worte heraus, dass ich nur "die junge Ärztin" verstand. Die eine Schwester war etwas ärgerlich, dass er ungefragt in iher Küche stand. Aber sie "übersetzte" mir den Fall:

"Bei dem hat eine Kuh gekalbt, aber das Kalb will nicht richtig trinken, und die Ärztin versucht eine Weile, eine Infusion zu geben, aber sie findet die Vene nicht."

Also ging ich mit dem Bauern mit. Die beiden Schwestern auch. Der armen Ärztin standen die Schweißperlen auf der Stirn. Da fragte ich sie:

"Sie haben doch sicher physiologische Kochsalzlösung dabei?"

Sie fauchte: "Was wissen Sie schon davon?"

Da zuckte ich mit den Schultern und wollte gehen. Aber die jüngere der Schwestern griff ein und fragte die Ärztin:

"Haben Sie die Lösung oder nicht?"

Die Ärztin: "Und, was soll ich damit machen?"

"Unterspritzen Sie damit das Gewebe in der Nähe der Vene."

Kopfschüttelnd machte sie das und war erstaunt, dass wenig später die Vene sichtbar wurde. Erfreut setzte sie den Tropf an. Dem Kalb ging es bald besser. Ich machte so nebenbei die Hautfaltenprobe, ja, dem Kalb ging es wirklich besser.

Dann entschuldigte sich die Ärztin bei mir für ihr rüdes Verhalten, ich bin ja nicht nachtragend. Ich wollte dann wieder gehen, die Ärztin bat mich zu warten, sie wollte mich einladen. Aber wohin? In diesem kleinen Dorf gibt es keine Dorfwirtschaft mehr. Da griffen die Schwestern ein:

"Sie kommen zu uns, wir waren ja beim Tee trinken."

Dabei schauten sie vorwurfsvoll den Bauern an. Wenig später saßen wir vier Frauen in der urigen Küche der beiden Schwestern. Die ältere hatte ihm vorher noch gesagt:

"Nicht, dass Du schon wieder kommst! Für heute reicht es!"

Wir haben uns dann prima unterhalten. Die Ärztin hat zugegeben, dass sie solche Tricks mit dem Unterspritzen nicht gelernt hat. Ob ich noch mehr wüsste. Da hat die jüngere Schwester sie abgelenkt und mich gebeten, sie in den Keller zu begleiten. Dort hat sie mir gesagt:

"Du darfst doch der Ärztin nicht deine Tricks verraten!"

Da musste ich schmunzeln. Aber solch eine Solidarität tut einfach gut!


(C) Copyright 2004-2009 by Kiat Gorina, Windsbach. Alle Rechte vorbehalten.
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M
Liebe Kiat!<br /> <br /> Funktioniert dieser Trick auch bei Menschen?Meine Mutter hat nämlich fürchterlich schlechte Venen bzw Rollvenen und da sie Diabetes hat, muß sie regelmäßig zum Bluabnehmen,was für die Arme immer eine Tortur ist.Hinterher hat sie immer fürchterliche blaue Flecken.<br /> <br /> Wenn man die Kochsalzlösung ins Gewebe sprizt,wird dann nicht alles dick und man sieht/fühlt erst recht nichts/beim Menschen???<br /> <br /> Nachdenkliche Grüsse von Moira
Antworten
K
<br /> Liebe Moira,<br /> <br /> ja, dieser Trick funktioniert auch bei Menschen, die sind ja schließlich auch "nur" Säugetiere. Aber die Durchführung solltest Du schon einer Fachfrau oder -mann überlassen. Bei der Stecherei darf<br /> auf keinen Fall eine Vene getroffen und gar durchgestochen werden.<br /> <br /> Sprich doch mal die Ärzte in der Praxis an.<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
H
Warum sollte man sollte "Tricks" nicht verraten?<br /> Es geht dabei immerhin um das Leben der Tiere, und dass ist ja in aller Interesse.<br /> Als unsere Mina (malwieder) Operiert werden mußte, erzählte mir die Tierärtzin auch dass sie erst Probleme hatte bei ihr die Neve zu finden.<br /> <br /> Liebe Grüße<br /> <br /> Heike
Antworten
K
<br /> Liebe Heike,<br /> <br /> Du hast ja Recht! Ich fand es von der Bäuerin einfach nett, dass sie gedacht hat, ich müsse an meine Monopolstellung denken und nichts verraten. Im übrigen helfe ich gerne, wenn ich darum gebeten<br /> werde.<br /> <br /> Wenn deine Mina mal wieder zur TA muss, und deine TA findet die Vene nicht, dann kannst Du ja den Tipp weitergeben. Du musst ja nicht sagen, dass der von einer Schamanin kommt;-)<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
C
Liebe Kiat, <br /> <br /> schön, dass Du auch solche liebenswerten Ladys in Deiner Umgebung hast, nicht nur Typen, in denen zu viel Testosteron rum schwimmt. <br /> <br /> Liebe Grüße, Cellulanus
Antworten
K
<br /> Liebe Cellulanus,<br /> <br /> das finde ich auch sehr schön! Und das mit den Typen mit zuviel Testosteron hast Du treffend beschrieben:-)<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />