Tagebuch einer Schamanin, aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin.
Heute früh - was sehe ich in der Lokalzeitung? Eine Todesanzeige! Das ist an sich nichts Besonderes. Solche Anzeigen gibt es täglich, nur diese Anzeige war etwas Besonderes für mich. Eine praktische Ärztin ist plötzlich verstorben. Was ist daran interessant? Täglich sterben Menschen, auch Ärztinnen.
Der Tod dieser Ärztin erinnerte mich fatal an die Prophezeiung des alten Schamanen: "Von allen Menschen, die dir und den Deinen schaden wollen oder geschadet haben, wird das Glück weichen!" Ja, ich sah den Schamanen wieder vor mir, ich hörte seine Worte.
Und ich erinnerte mich an den Bruder meines Bären - einen sehr lieben Menschen. Als Hobby hielt er sich Schafe, und war bei seinen Mitschäfern sehr beliebt. Eines Tages ging er ins Bett - und früh stand er nicht mehr auf - er war friedlich eingeschlafen.
Er lächelte zufrieden - ein leichtes Schmunzeln lag um seine Mundwinkel, so als ob er der Nachwelt sagen wollte: "So, Leute, jetzt müsst ihr ohne mich auskommen!" Als seine Tochter den Hausarzt informierte, war dieser total durcheinander und murmelte immer wieder "Scheiße!" - nun ja, wir sind im tiefsten Franken, das ist dann wohl eine besondere Art des Beileids
Dann gab mir seine Tochter alle Medikamente, die ihr Vater nehmen musste. Ich ging die Beipackzettel durch: Hoppla, da waren ja Mittel darunter, die sich gegenseitig ausschlossen! Kein Wunder, dass dieser herzensgute Mensch plötzlich gestorben ist!
Eine Mordswut hatte ich auf diesen Arzt und seine Frau! Wie unverantwortlich können Ärzte nur sein, so etwas zu verordnen? Dann legte sich meine Wut. Sollten die Hinterbliebenen etwas gegen dieses Ärzteehepaar unternehmen? Nein, war meine Meinung, das übernehmen andere Instanzen - nicht von dieser Welt.
Ein paar Monate später fuhr das Arztehepaar mit einer Leserreise einer großen Zeitung in die Türkei, der Bus verunglückte schwer, der Arzt verstarb noch an der Unfallstelle, seine Frau musste hilflos zusehen! Auch sie wurde schwer verletzt, eine sehr komplizierte Kopfoperation folgte.
Und vor ein paar Tagen wurde sie gefunden. In ihrem Haus war sie am letzten Sonntag die Treppe hinab gestürzt und lag tot im Flur. In der Praxis machte man sich schon Sorgen, wo Frau Doktor bleibt. Dann wurde sie gefunden. Das muss ein grässliches Sterben gewesen sein, schwer verletzt und total hilflos!
Meine Wut von damals ist längst verflogen - jetzt empfand ich großes Mitleid für diese Frau. Aber was geschehen soll, das geschieht! Ich kann es nicht beeinflussen. Und wieder eine Parallele zu dem Tierarzt, der an dem üblen Spiel beim Tod meiner Eselstute Miriam mitgespielt hat: Er und seine Frau waren auf ihren Motorrädern unterwegs, da verunglückte seine Frau schwer - und er musste hilflos zusehen, wie seine Frau starb.
Dieser Tierarzt hat mir Hausverbot erteilt - aber das wird ihn auch nicht vor dieser Prophezeiung schützen, wenn die öberen Instanzen einen Entschluss gefasst haben!