18. Dezember 2008
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18:57

Heute ist es genau ein Jahr her, dass meine junge katalanische Rieseneselstute Miriam qualvoll unter merkwürdigen Umständen zu Tode kam. Erst zehn Tage vorher giftete mich eine junge Frau aus dem Dorf an, deren kleine Kinder wieder mal in Richtung Esel strebten.
"Bald habt ihr keinen Esel mehr!", fauchte sie und klemmte die Kinder unter den Arm. Ich konnte nur den Kopf schütteln. Seit ich hierher gezogen bin, gab es verbale Anfeindungen. Zwei Familien aus dem Dorf wollten mein Gehöft ebenfalls haben. Drei Jahre lang stand es öffentlich zum Verkauf, da hätten sie doch zuschlagen können ...
Dann erfuhren die Dorf-Insassen, dass ich den Hof gekauft hatte. Da wurden sie aktiv: Alles, was wir draußen ließen, verschwand (sogar die Klo-Rolle vom Plumps-Klo!), das frisch gedeckte Dach wurde eingeworfen usw. Ja, und dann kam der 18. Dezember ...
Tiger und Miriam standen im Stall. Miri trug wegen der eisigen Kälte eine Decke, die mit einem elastischen Gurt festgemacht war. Die Stalltür war verschlossen, weil wir noch schnell etwas erledigen mussten.
Als wir zurückkamen, merkten wir schon auf der Straße, dass etwas nicht stimmte! Die Stalltür stand offen, und kein Begrüßungs-IAH und kein Brummeln war zu hören.
Was war da los? Tiger stand und fraß Heu, woher hatte er es? Und Miriam? Sie stand zitternd in der äußersten Ecke der Box. Der Deckengurt klemmte vor ihrem Widerrist. Und die Decke? Die lag zusammengefaltet in der Ecke der Box! Als wir sie auseinanderfalteten, sahen wir, dass sie war fein säuberlich in ca. 10 cm breite Streifen geschnitten war, auch einige Rechtecke waren herausgesäbelt.
Miriam war nicht ansprechbar, sie reagierte auf gar nichts mehr. Wir untersuchten sie genau, schauten in die Krippe, schnupperten an ihrem Maul, der Krippe und dem Wassereimer. Nichts, kein ortsfremder Geruch. Na ja, bei Minusgraden gibt es nicht viel zu riechen, ab minus 5 Grad versagt sogar meine empfindliche Nase.
OK, der Bär rief die Polizei an, wegen Einbruch und Tierquälerei. Und ich versuchte, irgendwie zu Miriam durchzudringen. Endlich, diese schreckliche Starre ließ nach, sie begann zu zittern und presste sich an mich. Ich ließ mich im Stall häuslich nieder, weil ich sie jetzt nicht allein lassen wollte. Miriam legte mir ihren Kopf auf die Schulter und brummelte leise. Seltsam, es war, als wolle sie Abschied nehmen ...
Der Nachmittag verging, gegen Abend wurde Miriam unruhig. Ich holte den Bären dazu, die Sache war mir nicht geheuer. Dann geriet sie in Panik: Sie röchelte qualvoll, ihre Augen quollen hervor, und sie versuchte, aus der Box zu springen! Nun lief ihr auch noch dünnes helles Blut aus Nase, Maul und Scheide. Und die Zunge! Dunkelgrau und unterarmdick stand sie starr aus dem Maul! Ich raste zum Telefon: "Doktor, kommen sie schnell! Mein Esel erstickt!"
"Immer mit der Ruhe, das sieht manchmal schlimmer aus, als es ist. Ich komme dann halt vorbei."
"Verdammt", brüllte ich los, "beeilen Sie sich, sonst ist es zu spät!" Ich rannte wieder in den Stall. Miriam kämpfte um ihr Leben, dieses schreckliche Röcheln, die blutunterlaufenen weit aufgerissenen Augen, der klatschnasse Leib ... Immer wieder warf sie sich gegen die Tür, ihre Hinterhufe trommelten über den Boden. Später sahen wir, dass die Hufe bis auf die Knochen abgekratzt waren.
Alle zehn Minuten rief ich beim Tierarzt an, wo er denn bliebe? Für die Strecke von Windsbach bis zu uns braucht man knapp zehn Minuten. Wo blieb der nur? Jedesmal hatte ich seine komische Bürotante dran: "Nun regen Sie sich nicht auf, der Doktor hat schließlich Feierabend! So schlimm wird es wohl nicht sein, stellen Sie sich nicht so an! Wenn Sie weiter so drängen, fährt er gar nicht erst los!" So und ähnlich quäkte es aus dem Telefon.
Und Miriam kämpfte um ihr Leben! Fast eine Stunde mussten wir warten, bis der Tierarzt endlich anrollte. Gemütlich stieg er aus, sah sich die Sache an - und spritzte Cortison und Antihistaminika. An sich eine gute Sache, aber dafür war es längst zu spät! Das musste er doch selber merken! Ich hatte ihm gleich gesagt, dass er Miriam einschläfern solle, damit sie sich nicht mehr so quälen muss. Aber nein, er wartete noch einmal zehn Minuten, dann fragte er allen Ernstes: "Soll ich sie wirklich einschläfern? Dafür habe ich aber nicht genug dabei. Ich weiß nicht, ob das reicht ..."
Ich brüllte los: "Das kann doch nicht sein! Dann spritzen Sie ihr eben das, was Sie da haben! Sehen Sie denn nicht, was hier los ist!"
Dieser Mensch fragte dann noch zweimal, ob ich sie wirklich tot haben wolle! Als ob es darum ginge! Miriams Todeskampf dauerte schon viel zu lange!
Den Menschen, die ihr das angetan haben, wünsche ich den gleichen Tod. Aber schön langsam, damit sie es richtig genießen können!
Endlich, der Doc spritzte sie zweimal in die Ohrvene, dann sank sie zusammen. Sie war erlöst. Zwar zuckten ihre Beine noch einige Male, aber ihr Gesicht war leer. Meine Miriam war fort. Wer je den verkrümmten toten Körper seines vierbeinigen Kameraden so liegen sah, ahnt vielleicht, wie es mir zumute war. Und immer noch ist.
Der Tierarzt fuhr davon, er musste sich im Dorfwirtshaus von der Aktion stärken. Und kurze Zeit später tauchten unten an der Feldscheune mehrere Kinder auf. Sie tanzten herum, klatschten in die Hände und jubelten immer wieder: "Hurra, hurra, der Esel ist tot! Der blöde Esel ist jetzt tot!" Das ging so eine ganze Weile, bis es den "lieben Kleinen" wohl zu kalt wurde.
Ja, Miriam. Was hatte dieses unschuldige Tier den Dorf-Insassen getan? Miri war intelligent, an allem interessiert, freundlich, gutmütig und treu.
Böse Menschen neigen aber dazu, Eigenschaften, die ihnen unbekannt sind, auf den Tod zu hassen: "Das ist fremd! Das müssen wir unbedingt vernichten!" Genau dies vermitteln sie natürlich auch ihren Kindern ...

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