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28. Januar 2009 3 28 /01 /Januar /2009 22:34
Vor einigen Tagen rief mich eine Lektorin eines größeren Verlags an. Sie hatte mein Buchmanuskript angefordert und ... ja, was wollte sie eigentlich? Hatte sie mein Manuskript überhaupt genau gelesen? Jedenfalls schlug sie mir vor, das ganze Buch zu "verschlanken"! Im Klartext: "Wir lassen alles Politische, Militärische und Nicht-Schamanische weg. Das wären nämlich sowieso schon drei verschiedene Bücher!"

"???"

"Ja", flötete sie munter weiter. "Ihr schamanischer Werdegang, wie Sie sich alle schamanischen Eigenschaften beigebracht haben!" Ihre Stimme bibberte vor Rührung über ihre, wie sie meinte, famose Idee. "Das ist es, was die Leser interessiert! Wie man eine Schamanin wird!"

Mir blieb erst mal die Spucke weg. Diese Sachbuch-Lektorin (um solch ein Exemplar handelte es sich nämlich) wollte anscheinend Stoff für ein Büchlein wie: "In zehn Lektionen zur Schamanin". Ich fühlte mich so fatal an Loriots Jodeldiplom erinnert.

Nun kann man "Schamanin" nicht lernen. Das geht auch nicht mit einem Schamanendiplom, das gewisse leicht wunderliche "Schamanenakademieen" hier bei den Langnasen anbieten. Entweder Du bist Schamanin, oder eben nicht. Die eine merkt es früher, die andere später.

Die gute Frau hatte sich förmlich in ihre Idee verrannt.

"Ich hab' das alles aus gutem Grund als Schlüsselroman geschrieben", konnte ich einschieben, als die Lektorin doch einmal Luft holen musste.

"Also, einen Roman brauchen wir nicht!", klang es leicht eingeschnappt aus dem Hörer.

Und ich wunderte mich. Mein Manuskript war ausdrücklich als Roman bezeichnet.

"Aber sagen Sie, sie behandeln doch auch Tiere schamanisch. Haben Sie dafür ein Beispiel?"

"Doch, habe ich. Allerdings bin ich Tierheilpraktikerin. Das ist Naturheilkunde für Tiere, und kein Uluru!"

Sie verstand mich nicht. "Ja, und, wie geht das?"

"Also, meine letzte Patientin war eine Kuh, deren Geburtskanal zu eng für das drin steckende Riesenkalb war. Der Bauer hatte nämlich in seinem landwirtschaftlichen Wochenblatt gelesen, dass ein bisschen Inzucht mehr Fleisch bringt. Also betrieb er, superschlau, nur noch Inzucht! Mit dem zweifelhaften Erfolg, dass die Kälber absolut zu groß wurden. Eine natürliche Geburt war so nicht mehr möglich ..."

"Und? Was haben Sie gemacht?" Die Stimme der Lektorin zitterte, man konnte ihre Anspannung hören.

Da juckte mich der Schalk. "Och, den großen Telefonzauber eben ..."

"Ja, wie geht denn der? Ist der sehr schwierig?"

Mühsam unterdrückte ich das Lachen, das mir schon im Hals steckte. "Nein, eine der leichtesten Übungen. Man nimmt sein Handy und tippt die Nummer vom Tierarzt ein. Der kommt dann und macht einen Kaiserschnitt ..."


(C) Copyright 2004-2009 by Kiat Gorina, Windsbach. Alle Rechte vorbehalten.
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Kommentare

R
*lacht* Das hast du nicht gesagt... nein.... Das Gesicht von dieser Frau hätte ich zu gerne gesehen.... Ich hätte mich gekringelt vor Lachen... Einfach zu schön.<br /> Und was wird nun aus dem Buch? Wird es veröffentlicht? Oder musst du dir einen anderen Verlag suchen?
Antworten
K
<br /> Liebe Steffi,<br /> <br /> über Telefon sehe ich ziemlich unscharf;-) Sie wollte diese Woche anrufen, aber ich glaube kaum, dass sie es tut. Und was soll ich bei diesem Verlag veröffentlichen, wenn mein Text total<br /> beschnitten werden soll? Und wie gesagt, nachdem ich mir das mal durchgerechnet habe, was bringt mir eine Veröffentlichung?<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
P
Liebe Kiat, die Idee, deinen Roman interaktiv zu gestalten, finde ich äusserst reizvoll. Natürlich auch wegen der Neuheit und den Möglichkeiten, die sich daraus ergeben.<br /> <br /> Ich verstehe, dass du dein Buch so möchtest, wie es gedacht war. Ich schreibe selbst Geschichten - auch wenn an Veröffentlichung noch nicht zu denken ist - und würde sie eher verbrennen als verhunzen lassen. Da es dein eigenes Leben ist, von dem du erzählst, wird es dir vermutlich noch mehr so ergehen.<br /> <br /> Es ist erwiesen, dass Bücher in großen Auflagen verkauft werden, obwohl sie legal und gratis als e-book erhältlich sind. Ob das bei dir auch der Fall sein kann möchte ich aber nicht ohne Weiteres sagen. Die Leserzahlen deines Blogs kenne ich nicht, nur diejenigen, die sich regelmäßig zu Wort melden.<br /> Wenn es dir gar nicht um Geld geht, ist es sicherlich ein spannendes Experiment, aber es kann auch ein weiteres Handycap bei der Verlagssuche darstellen.<br /> <br /> Eine Möglichkeit wäre den Romanblog zu führen und gleichzeitig von dort aus "On-Demand-Bücher" anzubieten. Dann kann der neugierige Leser in seinem eigenen Tempo den Roman genießen und hat dabei das gute Gefühl von Buchseiten zwischen seinen Fingern. Anständig gesetzt macht ein Buch mehr Freude als ein Bildschirm. Abgesehen davon, dass es auch fürchterlich schiefgehen kann und niemand das Buch gedruckt will, bräuchtest du aber auch eine große Leserschaft, wenn du auf die eine oder andere Weise daran verdienen möchtest.<br /> <br /> Eine weitere interessante Spielart wäre es, die Kommentare auf die einzelnen Kapitel in ein späteres Buch einzubinden. Sozusagen das Kapitel und dann die Worte und Gedanken einiger Leser dazu. Vielleicht sogar noch mit Antworten oder weiteren Erläuterungen von dir? <br /> <br /> Eine beeindruckende Fangemeinde könnte sogar einen Verlag dazu bringen, das Buch zu deinen Bedingungen zu drucken, wenn alles gut geht.<br /> <br /> Die Frage für mich ist, was möchtest du wirklich mit diesem Buch erreichen? Was ist dein Hauptziel, was ist dir wichtig, was ist dir egal?<br /> <br /> Verlage neigen oft dazu ihre Autoren zu bevormunden und deren Wünsche zu ignorieren. Speziell was Titel und Covergestaltung angeht, als auch der Wunsch des Verlages nach einem Pseudonym unter dem der Autor veröffentlichen soll. Selbst Bestseller-Autoren sind davor nicht gefeit.
Antworten
K
<br /> Liebe Philo,<br /> <br /> weshalb ich mein Buch veröffentlichen möchte? Nun, ich denke, ich habe etwas zu erzählen. Allerdings besteht für die LeserInnen die Gefahr, dass ich einige Illusionen zerstöre. Wie oft kamen und<br /> kommen Menschen zu mir, die mir vorschwärmen, sie möchten aussteigen und als Nomadin in der Mongolei leben. Und wenn ich ihnen dann erzähle, wie beschwerlich es ist, bei minus 40 Grad zu pinkeln,<br /> dann wollen die das nicht hören. Aber das ist dann wirklich ein Problem!<br /> <br /> Ich schreibe knapp und komme schnell auf den Punkt, das hat mir ein altes Verlagsurgestein gesagt, er hat auch gleich prophezeit, dass die LektorInnen von heute so etwas nicht wollen. Er meint, die<br /> wollen Texte zum Aufblasen. Und er hat Recht behalten.<br /> <br /> Du hast Recht, die kapitelweise Veröffentlichung in einem neuen Blog hat schon einige Vorteile: einmal können die LeserInnen gleich kommentieren, zweitens kann ich Verweise auf Erläuterungen und<br /> Erklärungen einfügen und drittens können Ideen der LeserInnen eingearbeitet werden. Und dann kann zum Schluss daraus ein gedrucktes Buch entstehen.<br /> <br /> Wahrscheinlich muss ich noch warten, bis es den deutschen Verlagen noch schlechter geht, so dass die LektorInnen über ihre selbst aufgestellten Schatten springen. Das oben erwähnte Urgestein hat<br /> mir auch erzählt, dass die meisten LektorInnen fast so wie ein Profit-Center im Verlag agieren. Wenn z. B. eine Lektorin Sachbuch mit einer Autorin nicht klar kommt, dann wird sie einen Teufel tun,<br /> das ihrer KollegIn Belletristik zu empfehlen. Klingt verrückt, ist aber offensichtlich so.<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
M
Liebe Kiat,<br /> <br /> das war zuviel Pup!? (ich mein 108 mal 108 mal 108........puuuuh)<br /> O.k. ich überleg mir was anderes! (schmunzel)<br /> <br /> Deine Idee Dein Buch in einen Blog zu stellen, finde ich gut.<br /> Aber, ist das so von Dir gewollt?<br /> <br /> Ist es nicht so das Verleger, bevor das Buch in den Druck geht, es Dir noch einmal zur Ansicht geben, um ein O.K. von Deiner Seite zu erhalten? <br /> Oder träum ich da?<br /> Klar da gibt es Lektoren, doch die sind doch für die "Korrektur" zuständig - und nicht für die "Zensur" was und wie in dem Buch vorkommen darf.<br /> Schnip schnapp und raus mit diesem oder jenem Kapitel??<br /> Na, da bin ich mal gespannt was Dir die Dame nächste Woche anbietet.<br /> Ich wünsche Dir den richtigen Verlag, der mal was anderes rausbringen will als "Was wollt Ihr lesen? Ich schreib´s Euch"
Antworten
K
<br /> Liebe Michaela,<br /> <br /> also, die LektorInnen, die ich bisher kennenlernte, waren alle von "me too" Bazillus infiziert. Sie gucken anscheinend stets auf die Konkurrenz und wollen nur das herausbringen, was andere drucken<br /> oder schon gedruckt haben.<br /> <br /> Nimm z. B. "historische" Romane, in denen im Titel "Die Hüterin ..." vorkommt. Ich habe mal im Verzeichnis der lieferbaren Bücher gesucht, da gab es über 200 Hüterinnen-Romane, z. B. "Die Hüterin<br /> der Gewürze" etc.<br /> <br /> Mittlerweile gibt es eine richtige Hüterinnen-Übersättigung.<br /> <br /> Oder ich erinnere mich an Corona, da meckerte die Verlegerin an meinem Arbeitstitel "Die Schamanin, die keine sein wollte" herum. Sie schlug mir vor: "Leben einer Schamanin". Wie originell! Mit<br /> diesem oder ähnlichen Titel gibt es schon Hunderte Bücher ...<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
M
Liebe Kiat,<br /> <br /> hach, wie desillusionierend aber auch. Ruft die den Tierarzt.<br /> Mach Dir keine Sorgen wegen dem Buch.<br /> Ich habs! <br /> Ich mach einen ASHRAM auf - und wer 108 mal auf Kommando pupen kann, darf mir sein Erbe überlassen.<br /> Das Geld geb ich dann Dir, wohlwissend das eine Schamanin lockere 108 mal pupen hinkriegt! <br /> Und Du verlegst Dein Buch dann selbst.<br /> Bekomme ich Dein erstes Exemplar, mit Widmung? <br /> Eine heute etwas freche ***Michaela*** Grüßt Dich
Antworten
K
<br /> Liebe Michaela,<br /> <br /> ein köstlicher Vorschlag! Ich habe auch einen Lipizzaner, der kann auch auf Kommando pupen, 108-mal ist kein Problem für ihn, ganz wie Du willst, laut und leise, mit einem besonderen Odeur.<br /> <br /> Und mein Wolfsmix, wenn sie Lachs gegessen hat, ist auch am Pupen, aber leise, aber die grünlichen Gestanksschwaden sind dann zu sehen (und zu riechen:-()<br /> <br /> Sollten wir es so machen, dann kriegst Du selbstverständlich ein Exemplar mit Widmung!<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
P
Ich sehe, du hattest deinen Spaß ;-)<br /> Wie hat sie reagiert? Mich würde es nicht wundern, wenn sie aufgelegt hätte...<br /> Ich hoffe du findest bald einen Verlag, der dein Buch anständig druckt. Mein Bücherregal hat nämlich gerade noch Platz und je länger du davon schreibst, desto mehr will ich es endlich lesen.<br /> Aber wenn ich so von deinen Erlebnissen höre, fürchte ich, du solltest eine Warnung auf der ersten Seite anbringen: <br /> Achtung, könnte ihre romantischen Fantasien für immer zerschmettern!
Antworten
K
<br /> Liebe Philo,<br /> <br /> naja, Spaß war es weniger. Eher Galgenhumor. Aufgelegt hat sie nicht, sondern sie will nächste Woche wieder anrufen. Ich habe mir mal folgende Rechnung gemacht:<br /> <br /> Nehmen wir an, es gibt eine Erstauflage von 5.000, je verkauftes Exemplar habe ich als Honorar einen EUR, das macht ca. 5.000 EUR, mehr oder weniger.<br /> <br /> Und dafür muss ich dann in Kauf nehmen, dass ich mich mit dem Buch, das im Schaufenster steht, nicht identifizieren kann, Das ist nicht mehr mein Buch, das ist amputiert und verfälscht! Soll ich<br /> mir das wirklich antun? Ich denke, NEIN!<br /> <br /> Ich kenne eine Schriftstellerin, die ist an gebrochenem Herzen gestorben, weil ihr Verlag ihr Buch so verändert hat, dass sie es nur mit Mühe wieder erkannt hat.<br /> <br /> Und so etwas will ich mir nicht antun. Das ist auch keine 50.000 EUR wert und auch keine 500.000 EUR.<br /> <br /> Ich habe mir schon überlegt, mein Buch, so wie es ist, Kapitel für Kapitel in einen Blog zu stellen. Dann könnten die LeserInnen direkt darauf antworten. Das wäre dann eine neue Form von Literatur,<br /> interaktiv. Liebe Philo, was hältst Du davon?<br /> <br /> Mit deiner Warnung hast Du vielleicht Recht, ich bin halt bodenständig und halte mit meiner Meinung nicht hinterm Berg und rede auch nicht nach dem Mund. Und dass romantische Fantasien darunter<br /> leiden könnten, mag sein. Lieber wäre mir, die Leute wachen aus ...<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />

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  • : Tagebuch einer Schamanin, aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin.
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