Das Heimatschutzministerium in den USA machte es vor: Da wurde eine Liste von Wörtern gesammelt und seitdem werden alle Nachrichten durchforstet, ob eines dieser hochgefährlichen Worte vorkommt. Und falls ja, werden Absender und Empfänger dieser Nachricht abgestempelt - als gefährlich! Gar als Terrorist!
Auch in Bayern wird offensichtlich diese Technologie zur Fahndung nach topgefährlichen Staatsfeinden eingesetzt. Auch ich wurde offensichtlich ein Opfer einer solchen Schnüffelliste. Erinnern wir uns, da wollte ein Wald- und Wiesendekan meine Lesung verhindern. Nicht nur, weil er mir Sterndeuterei vorwarf, auf der laut Bibel die Todesstrafe stehe. Heute weiß ich:
Ich bin verdächtig, eine Terroristin zu sein. Ja, wirklich:
Quelle: Mein Buch - Terroristisch - sagt das Heimatschutzministerium: Raus kam das, weil es in den USA einen Freedom of Information Act gibt, demzufolge diese Schnüffelliste veröffentlicht werden musste. Das geschah auch. Und viele reiben sich die Augen und prüfen ihre Texte und fallen vom Hocker! So auch ich. Ich eine Terroristin?! Wer hätte das gedacht! Ich zu allerletzt.
Doch, es stimmt schon: In meinem Buch steht das Wort "Wolke" ("cloud"). Wer mein Buch kennt, weiß, dass "Wolke" der Name meines Schimmelponys war. Dieses Wort "Wolke" kommt mehrmals vor - bestimmt ein sehr schwerer Fall von Terrorismus!
Die bayerischen Justizbehörden - an ihrer Spitze die Justizministerin Dr. Beate Merk - haben diese Schnüffelliste aktualisiert: Wer "Mollath" und "Merk" schreibt, fällt sofort als Staatsfeind auf! Ohne Ansehen der Person. Das gilt sogar für CSU-Mitglieder - beispielsweise für Frau Prof. Dr. Ursula Gresser. Sie hatte getwittert:
"Wann Mollath freikommt? Diese Frage könnte man Frau Merk am Mo. 10.06.13 um 19 Uhr im Landgasthof Hofolding stellen." Klar, da schlugen die blauweißen Schnüffelcomputer gleich zweimal zu: einmal wegen "mollath" und dann wegen "merk"! Und was passierte? Frau Professor bekam Besuch - von zwei Polizisten. Der stern berichtet:
Quelle: stern.de "Sagt man Mollath, ist man Staatsfeind": "Die taten mir schon fast leid, wie sie so rumdrucksten", sagt Gresser. Denn die Beamten wollen nicht so recht mit der Sprache herausrücken, warum sie eigentlich geklingelt haben. Also stellt sie Fragen: Ob diese Veranstaltung nicht öffentlich sei? Doch, doch, natürlich. Ob sie besser nicht zu der Veranstaltung hingehen solle? Nun ja. "Ein diskretes Nicken", so Gresser. Ob sie den Tweet löschen solle? Die Reaktion der Polizisten muss Gresser von deren Gesichtern ablesen. "Ich glaube, die wussten gar nicht, was ich meine", sagt sie. Also entfernt Gresser den Eintrag, und die Polizisten ziehen zufrieden ab.
Und Frau Professorin ging trotzdem zu dieser Merkschen Veranstaltung. Es ging um "Facebook & Co. – sicher surfen in sozialen Netzwerken, mit Staatsministerin Dr. Beate Merk" und Frau Professor ging hin. Ihr EIndruck: "Am Eingang standen drei große Herren, die wirkten wie eine ganze Mannschaft Männer", sagt die nur 1,58 Meter große Gresser. "Eigentlich traurig, dass Politiker mit drei Sicherheitsmännern auf eine Veranstaltung mit 20 Leuten kommen", sagt die Medizinerin. Sie wurde beäugt, die Herren begannen zu tuscheln, dann ein weiterer Blick – dann wurde sie in den Saal gelassen.
Was lernen wir daraus? Frau Justizministerin scheint sehr dünnhäutig geworden zu sein - kein Wunder, gibt es doch einen Untersuchungsausschuss zur Causa Mollath. Und Gustl Mollath durfte heute selbst aussagen - im Landtag in München. Ursprünglich wollten ihn irgendwelche Leutchen nicht nach München reisen lassen, er sollte in der Forensik bleiben. Aber der mediale Druck war einfach zu groß!
Bisher kam bei diesem Untersucungsausschuss Erschütterndes ans Licht: So die Aussage des Richters Otto Brixner, der zugeben musste, dass er die über hundert Seiten der Mollathschen Verteidigung gar nicht gelesen hat. Aber er hat ihn in die geschlossene Psychiatrie wegsperren lassen.
Quelle: Süddeutsche.de Diese Situation wünsche ich nicht mal meinem ärgsten Feind: Immer wieder bezieht sich Mollath auf die 106 Seiten umfassende Verteidigungsschrift, in der er seine einzelnen Schritte detailliert beschrieben habe. Dabei handelt es sich um eben jene 106 Seiten, die zu lesen dem Vorsitzenden Richter Otto Brixner zuviel waren. Vor dem Untersuchungsausschuss darauf angesprochen sagte Brixner vor Kurzem: "Ich lese doch keine 110 Seiten." Bei der zweiten Nachfrage präzisierte er auf verwirrende Weise: "Dieses Konvolut ist mir nicht bekannt."
Ja, die bayerischen Richter sind unabhängig, sie und nur sie allein entscheiden, was sie lesen und was nicht! Das gilt auch für Schriftsätze der Verteidigung - vor allem wenn schon vor dem Prozess feststeht, dass die Angeklagten schuldig sind ...
In wenigen Tagen wird die Justizministerin selbst vor dem Untersuchungsausschuss aussagen müssen. Mal sehen, was sie von sich gibt.
Dieser Untersuchungsausschuss brachte bereits Unglaubliches ans Licht - sogar der Bayerische Rundfunk musste darüber berichten:
Quelle: BR Mollath sagt aus
Und was macht der Ministerpräsident Horst Seehofer? Von ihm ist nichts zu hören! Hat es ihm die Sprache verschlagen? Irgendwie verständlich - hammerharte Schläge gab es bislang: Die noch nicht ausgestandene Affäre wegen der Familienbetriebe in den Wahlkreisbüros, dann die Affäre um die Haderthauers.
Es gab einmal einen Geheimrat von Goethe, der fragte: "Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, ...". Was schriebe er heute? Ganz bestimmt: "Kennst du das Land wo die Affären blühn!"
Aber jetzt muss ich Schluss machen, ich habe ja zu oft aus der Schnüffelliste zitiert. Sonst geht es mir wie Reinhard May:
Reinhard May - Das Geheimnis im Hefeteig oder der Schuss im Ofenrohr
Hochgeladen am 07.07.2009 von wolfmon42