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16. März 2009 1 16 /03 /März /2009 22:11
Als ich heute über Land fuhr, kam ich an einem Werk vorbei. Da stand der Bus einer Zeitarbeitsfirma, davor wartete ein älterer Mann, er rauchte eine Zigarette. Ich kannte ihn. Ich hielt an, und ging zu ihm. Ich wusste, er ist Rentner und bessert sich seine bescheidene Rente auf, indem er Zeitarbeiter ohne Auto zum Arbeitsplatz fährt und sie wieder abholt.

"Na wartest Du auf deine Fuhre? Die Schicht ist ja bald zu Ende" begrüßte ich ihn.

"Ha, Fuhre ist gut. Heute hole ich nur eine einzige Frau ab. Und die ist auch schon gekündigt. Ich bin noch der einzige, der Leute zur Arbeit bringt." Und er fuhr fort:

"Wenn ich der Zumwinkel wäre, dann ginge es mir besser! Da, lies mal" und er hielt mir eine Bildzeitung vor die Nase. Ich erkannte ihn nicht wieder. Sonst war er immer besonnen und zu einem Späßchen aufgelegt. Aber jetzt!

"Der lässt sich seine Pensionsansprüche auszahlen und bekommt auf einen Schlag 20 Millionen! Das ist eine Ungerechtigkeit! Ich bin mit 55 auf die Straße gesetzt worden, weil ich angeblich zu alt war. Was habe ich alles gemacht? Billigstjob habe ich angenommen, und ich war ein sog. Aufstocker! Und dann hat die ARGE mich zwangsverrentet. Mit der Fahrerei verdiene ich etwas dazu. Aber es reicht vorn und hinten nicht!"

"Du, der Zumwinkel wird halt Geld brauchen, er muss ja seine Burg Tenno am Gardasee unterhalten", versuchte ich es auf die witzige Tour. Aber er wollte nichte, sondern schimpfte noch mehr:

"Eine Burg, die passt zu ihm! Wie früher die Raubritter!" So richtig verbittert war er. "Der Seehofer ist der einzige, ders Maul aufmacht!"

Dann kam die Frau, die er abholen sollte. Und er fuhr los. Ich war sehr nachdenklich geworden.

Da fiel mir ein Artikel ein, den ich vor kurzem gefunden hatte: "Soziale Unruhen, Terrorismus: Warum Klaus Zumwinkel die Demokratie in Gefahr bringt". Zuerst habe ich nicht so richtig geglaubt, was da für Gefahren heraufbeschworen werden, aber nach dem Gespräch mit diesem Bekannten?

Es ist ja für Normalverdiener ungeheuerlich: Im Februar 2008 schied Zumwinkel aus, für die knappen zwei Monate bekam er noch 714.045 EUR, davon waren 480.184 EUR Bonuszahlungen. Bonus wofür?

Klaus Zumwinkel hat Deutschland verlassen, er ist nach Italien ausgewandert und residiert nördlich vom Gardasee auf seiner Burg Tenno. Auf fünf Millionen EUR wird sie geschätzt.

Ich stimme dem bayerischen Ministerpräsidenten zu, wenn er sagt: "Das sind die Dinge, wo die Menschen den Glauben an die soziale Marktwirtschaft verlieren."

Weitere Infos:

Handelsblatt

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(C) Copyright 2004-2009 by Kiat Gorina, Windsbach. Alle Rechte vorbehalten.
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Kommentare

P
Liebe Kiat, <br /> mit den richtigen Entscheidungen hab ichs manchmal schwer. Vor allem wenn es um nahestehende Menschen geht, da dauert es manchmal ganz ganz lang bis ich mich entscheide. Aber ich lerne ja immer dazu und probiere aus ob es gut für mich ist. Und wenns mal nicht richtig ist dann ist es auch ok. Wir sind ja alle nur Menschen. Für mich ist es wichtig daß ich versuche das Richtige zu machen auch wenns manchmal in die Hose geht. <br /> Liebe Grüße Kleh
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K
<br /> Liebe Kleh,<br /> <br /> ich denke, da geht uns allen so. Aber wir sind ja alle lernfähig;-)<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
P
Liebe Kiat, <br /> das stimmt das habe ich oft schon in meinem persönlichen Umfeld erlebt, daß die Menschen ihre nahen Mitmenschen vergessen haben. Oft wegen nichtigen Dingen. Es ist sehr schade, aber die meisten merken das gar nicht. Sie sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. <br /> Ich wünsche mir, daß ich das nicht tue und daß meine nahen Mitmenschen immer an erster Stelle stehen. Doch in unserer Welt, die uns durch Medien usw. gezeigt wird ist das manchmal gar nicht so einfach. Ich glaube wir sind alle hier um zu lernen und das ist ja auch gut so. <br /> Liebe Grüße <br /> Kleh
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K
<br /> Liebe Kleh,<br /> <br /> andererseits kenne ich auch Menschen, die bei aller Hilfe für die Mitmenschen sich selbst vernachlässigen oder ihre engsten Familieangehörigen. Ich kannte z. B. eine Frau, die sich nur um ihre<br /> vielen Hunde kümmerte und dabei ihre Kinder "vergaß".<br /> <br /> Wir sind halt alle nur Menschen und damit unvollkommen. Bei dir bin ich mir sicher, dass Du die richtigen Entscheidungen triffst. Und wenn einmal nicht, wie Du so schön geschrieben hast: Wir sind<br /> hier um zu lernen.<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
P
Liebe Kiat, <br /> da hast Du völlig Recht, wenn Menschen zusammenhalten können sie viel Gutes bewirken und auch das mit dem Vorleben. <br /> Danke für den Anstoß <br /> Liebe Grüße <br /> Kleh
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K
<br /> Liebe Kleh,<br /> <br /> in diesem Zusammenhang fällt mir Martin Buber ein, der zusammen mit seinem Freund Rosenzweig die Bibel der Juden ins Deutsche übersetzt hat. Er wurde mal gefragt, was sollen wir tun, um andere<br /> Menschen von der Existenz Gottes zu überzeugen. Bubers Antwort: Wir sollten uns so verhalten, dass unsere Mitmenschen dazu gebracht werden, uns nach IHM zu fragen.<br /> <br /> Oft werden wir dazu verführt, zu großräumig zu denken und vergessen unser nahen Mitmenschen ...<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
P
Liebe Kiat, <br /> soweit sind wir doch schon, daß es Streit und eigentlich nur Verlierer gibt. <br /> Ob es wieder so kommt daß die Menschen auf die Straße gehen - kann sein? Auf jeden Fall wird sich wohl was ändern, was das sein wird und wie das aussieht, hängt ganz von uns selber ab, also ich denke davon welche Beweggründe und Gefühle dabei eine Rolle spielen. <br /> Liebe Grüße <br /> Kleh
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K
<br /> Liebe Kleh,<br /> <br /> ja, nur wir dürfen nicht passiv sein. Ich höre immer wieder: Ich als kleiner Mensch kann sowieso nichts machen.<br /> <br /> Ich antworte dann: Doch Du kannst etwas machen, in deinem persönlichen Umfeld. Da kannst Du vorleben, was Du meinst.<br /> <br /> Bei den alten Rabbinen gibt es ein Gleichnis: Ein junger sportlicher Mann sieht, dass zehn Menschen in einem Fluss am Ertrinken sind. Er will sofort ins Wasser springen und die Menschen retten.<br /> Aber dann kommt ihm der Gedanke, dass er nicht alle zehn Menschen retten kann. Also geht er weiter und lässt alle ertrinken.<br /> <br /> Ein solches Verhalten verurteilen wir. Viele Menschen aber resignieren viel zu schnell. Dabei zeigt doch die Geschichte der Menschheit immer wieder, wenn Menschen zusammenhalten, können sie etwas<br /> zum Guten bewirken.<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />
P
Hallo Kiat, <br /> stimmt ganz schön ungerecht, aber das ist ja nicht der einzige Fall der so abläuft. <br /> Das liest man ja dauernd, daß solche Leute ihre eigenen Gesetze haben. <br /> Ich sage mir immer es ist nur der Wert GELD den sie haben, die anderen Werte haben sie nicht und das ist das wo man sich von solchen Leuten unterscheiden kann. <br /> Ich kann mich darüber freuen, wenn ich eine schöne Blume im Wald entdecke und das ist doch viel mehr wert. Jeder muß wissen was ihm mehr bedeutet. und es gab schon immer Menschen die das Materielle bevorzugen. Meiner Meinung nach sind sie doch arm. <br /> Liebe Grüße <br /> Kleh
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K
<br /> Liebe Kleh,<br /> <br /> meine Erfahrung in der Steppe hat mich so geprägt, dass ich erkannt habe: Eine Gesellschaft kann nur dann zusammen existieren, wenn die Kluft zwischen Arm und Reich nicht zu groß wird. Sobald dies<br /> passierte, kam es zu Streit und die Sippe spaltete sich. Dabei gab es eigentlich immer nur Verlierer.<br /> <br /> Natürlich hast Du Recht, dass Menschen, die nur dem großen Geld nachrennen, seelisch arm sind. Jemand hat mal geschrieben, dass die Banken und die Finanzinstitute die Tempel sind, in denen sie<br /> ihren (Ab)Gott, das Geld, anbeten.<br /> <br /> Ich fürchte, wenn die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander klafft, dass es dann zu schweren Unruhen kommen kann. Im letzten Jahrhundert gab es da ja schon einmal in Deutschland,<br /> Menschen gingen auf die Straßen und schrieen voller Wut: "Wir wollen Arbeit und Brot!" Und was haben sie bekommen?<br /> <br /> Nachdenkliche Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />

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  • : Blog von Kiat Gorina
  • : Tagebuch einer Schamanin, aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin.
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