Mir kommt es vor, als entstünden täglich neue Schulen, die Menschen zu Kinesiologen ausbilden. Und dass dann solche Leute auf Tiere und Menschen losgelassen werden.
Da das Grundprinzip ein Muskeltest ist, also: der ausgestreckte Arm zum Beispiel lässt sich leicht oder weniger leicht nach unten biegen, können im Prinzip nur JA/NEIN Fragen beantwortet werden. Diejenigen, die Kinesiologie "praktizieren", stellen damit Diagnosen fest. Allerdings nur in sehr eingeschränktem Rahmen, eben weil nur JA oder NEIN als Antwort einer Frage möglich ist.
Für mich können wir uns mit dieser Methode sehr leicht selbst täuschen. Ich habe mal eine Ärztin kennengelernt, die das Vorliegen von Borreliose mit dem kinesiologischen Muskeltest feststellt. Später habe ich eine Psychiaterin kennengelernt, die behauptet hat, dass die Borreliose-Patienten ihrer Kollegin nach vergeblicher Therapie meist bei ihr landen ...
Da also Fragen gestellt werden können, die dann mit JA oder Nein beantwortet werden, ist die Versuchung groß, im täglichen Leben jede Entscheidung mit einem Muskeltest zu treffen. Ich habe Menschen kennengelernt, die sich in eine totale Abhängigkeit von einer Kinesiologin begeben, so ein anfangs erfolgreicher Unternehmer.
Er traF mal eine Kinesiologin, als sie erfuhr, wie vermögend der Mann ist, hat sie ihm einen Floh ins Ohr gesetzt: "Sie haben ein großes intuitives Potential von 60,73 %! Das könnten wir auf über 80 % steigern!" Der Mann fühlte sich geschmeichelt und ließ sich "schulen", im "Einzelunterricht" natürlich. Der war etwas teurer als ein Gruppenunterricht ...
Diese Kinesiologin nahm ihn aus wie eine Weihnachtsgans: Sie "organisierte" einen angeblichen Professor aus Ungarn, der speziell in Ungarn geschnittene Wünschelruten mitbrachte, die er persönlich geweiht hatte. Diese Ruten waren natürlich etwas teurer als die üblichen Ruten. Dann brachte der Professor auch einen Holzkasten mit Fläschchen - gefüllt mit geweihtem Öl - mit. Da hieß es: "Dieses Öl ist erst dann wirksam, wenn es von geweihten keltisch-orthodoxenen Ölpriestern angewendet wird!"
Das bedeutete: "Wir können Sie zum keltisch-orthodoxen Ölpriester ausbilden und dann weihen." Diese "Ausbildung" war nicht ganz billig. Also wurde er zum keltisch-orthodoxen Ölpriester geweiht.
Dann hatte dieser Mann ein Schlüsselerlebnis: Er bekam im Gesicht ein paar Pickel, und wollte sie mit diesem geweihten Öl behandeln. Dann bekam er im Gesicht eine Akne - so heftig, wie er sie in seiner Pubertät nicht hatte. Je mehr er von diesem geweihten Öl anwendete, umso schlimmer wurde diese Akne.
Dann kam er zu mir. Er erzählte mir alles. Als erstes roch ich an den Ölen: total ranzig! Und irgendwie verunreinigt, jedenfalls hatten sich da seltsame Teilchen am Boden abgesetzt, die sonst in Ölen nicht vorkommen.
Dann versuchte ich, ihm behutsam klarzumachen, dass er auf ein Betrügerpärchen reingefallen war ...
Als er dass einsah, warf er diese geweihten Öle in den Mülleimer, in einem quasi rituellen Akt verbrannten wir den zugehörigen Holzkasten. Und ich behandelte seine Pickel - sie verschwanden.
Dieses kinesiologische Abenteuer hat ihm insgesamt über 20.000 Euro gekostet. Sein Kommentar: "Ein teures Lehrgeld, aber ich bin kuriert."
Jetzt ein kinesiologisches Erlebnis der besonderen Art auf einem Reiterhof:
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