Bei einem Vollmondtreffen war auch eine alleinerziehende Mutter mit ihren beiden fast erwachsenen Töchtern dabei. Ich traute meinen Augen nicht, da machte sich die Mutter an den Mann eines Ehepaares heran.
Ich nahm sie zur Seite und sagte zu ihr: "Der Mann, den du anbaggerst, der ist glücklich verheitratet!" - Sie war sauer und schnappte: "Das kann frau doch ändern!" - Da wurde sie mir sehr unsympathisch.
Einige Zeit später begegnete sie mir in der Stadt, sie kam freudestrahlend auf mich zu. Ich dachte nur: "Nicht schon wieder ..." Gleich legte sie los: "Kiat, ich war in Ungarn, auf einer Messe! Da gab es einen Standbesitzer, in den habe ich mich total verknallt! Er auch! Als ich bei ihm etwas kaufte, da fragte er mich: Möchten Sie ein Sackerl?"
Ich versuchte ihr klarzumachen, dass der Mann eine Tragetasche meinte. Aber sie hatte offensichtlich an ein anderes Sackerl gedacht Davon ließ sie sich nicht abbringen und rief: "Du bist ja nur neidisch! Nächstes Wochenende fliege ich wieder nach Ungarn, ich habe herausgefunden, auf welcher Messe er dann ist."
So geschah es auch. Dann kam sie zurück. Und besuchte mich und schwärmte: "Du, er hat sich sofort an mich erinnert, er hat sich auch drum gekümmert, wo ich ein Zimmer bekomme. Ist das nicht super nett? Nur ein anderer Standler erzählte mir, der Mann sei glücklich verheiratet und habe kleine Kinder. Also da war ich sauer. Was geht denn ihn das an?"
"Ich kann das verstehen, er wollte dir klarmachen, dass dein Schwarm verheiratet ist! "
Da fiel sie mir ins Wort: "Na und? Das kann frau doch ändern!" Ich versuchte sie, hinauszukomplimentieren, allein, sie saß und saß ... Mir fiel nur noch Friedrich Schiller und die Glocke ein: "Da werden Weiber zu Hyänen / Und treiben mit Entsetzen Scherz, / Noch zuckend, mit des Panthers Zähnen, / Zerreißen sie des Feindes Herz."
Thomas Freitag: Schillers Glocke
Hochgeladen am 14.11.2010 von Frank Stohl