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23. Dezember 2008 2 23 /12 /Dezember /2008 22:56
Heute kam ein alter Kunde vorbei, eigentlich nur zum Plaudern. Dann wollte er von mir wissen, ob ich eine Idee hätte, was er seiner Frau schenken könne. "Immer diese Schenkerei! Sie hat doch alles!" seufzte er. Und er kam ins Erzählen:

Er war mal beruflich in Thailand. Da war er zu einer großen Party eines wichtigen Geschäftspartners eingeladen. Sein thailändischer Berater gab ihm den Tipp, ein aufwändiges Geschenk sehr glitzernd einpacken zu lassen. Das machte er auch. Als er zur Party kam, wurde sein Geschenk entgegengenommen und zu einem Berg von anderen Geschenken getragen.

"Du, die haben das überhaupt nicht aufgemacht!" beklagte er sich bei mir.

"Sicher, Sie wollten, dass sie und Du nicht ihr Gesicht verlieren", versuchte ich, ihn aufzuklären.

"Das verstehe ich nicht! Sie hätten doch das Geschenk aufmachen können, damit ich sehe, ob sie sich freuen", meinte er.

Ich: "Und wenn sie sich nicht gefreut hätten, dann hätten sie schauspielern müssen" Er: "Na und, wir machen es doch auch so!" Ich: "Siehst Du, sie hätten schauspielern müssen, sie hätten lächeln müssen, aber ihre Augen hätten sie verraten. Deshalb werden alle Geschenke entgegen genommen, geöffnet werden sie erst dann, wenn sie alleine sind und der Schenkende ihre Reaktionen nicht sehen kann."

Er war nachdenklich geworden, dann meinte er: "Eigentlich ist das ehrlicher als bei uns ..."

Dann fiel mir zum Thema Schenken ein älteres Ehepaar ein, das kam zu mir immer, um Pferde- und Eselmist für ihren Rosengarten zu holen. Das Pärchen fuhr auch im Sommer mit dem Wohnmobil in die Türkei, abseits der üblichen Touristenpfade. Und einmal brachte die Frau ein wunderschönes Kopftuch mit, mit eingewebten Goldfäden.

"Das hat mir eine Türkin geschenkt, aus Dankbarkeit, weil ich ihrer Tochter eine Tütchen mit Plastikspielzeug gegeben habe. Diese Leute dort sind ja soo arm, dass sie ihren Kindern kein Spielzeug kaufen können", erzählte mir die Frau, "ist das Tuch nicht hübsch?"

Oja, es war wunderschön. Aber ich hatte das Bild einer sehr traurigen Mutter vor mir: Sie war in die Zwickmühle geraten, die fremde Touristin hatte ihre Tochter beschenkt, also musste sie jetzt der Fremden etwas geben. Aber sie hatte nichts. Nur das wunderschöne Kopftuch, das sie bei ihrer Hochzeit bekommen hatte. Schweren Herzens gab sie ihr einziges Andenken, das sie hatte, der fremden Frau.

Ich erzählte das der Frau, ihr Mann verstand, aber die Frau wollte nicht verstehen. "Sie hätte mir gar nichts geben müssen, ich sah doch, wie arm die Menschen dort sind!" meinte sie ungehalten.

Die Frau wollte einfach nicht einsehen, dass die beschenkte Türkin etwas geben musste. So wollen es die Sitten.

Ich finde es auch entwürdigend, wenn Bilder von armen Menschen gezeigt werden, die bei den "Tafeln" von Ehrenamtlichen Lebensmittel in eine Tüte gepackt bekommen. Oft stellen diese Ehrenamtlichen dann zur Schau, wie edel und gut sie doch sind.

In islamischen Gesellschaften gab es früher eine meiner bescheidenen Meinung nach bessere Lösung: Da waren Stellen vereinbart, da legten die Reichen ihre Spenden für die Armen hin und die Armen nahmen sich davon, ohne dass die Spender sie sehen konnten. So konnten die Armen ihr Gesicht wahren und die Spender wurden davor bewahrt, sich etwas einzubilden, wie hilfreich sie sind.


(C) Copyright 2004-2008 by Kiat Gorina, Windsbach. Alle Rechte vorbehalten.
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Kommentare

G
Im Islam heisst es auch, dass die linke Hand nicht wissen soll, was die rechte Hand gibt. D.h., man soll mit seiner Freigiebigkeit nicht protzen.
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K
<br /> Liebe Grinsekatz,<br /> <br /> genau, das sollten sich bei den Christen all die "Prominenten" hinter die Ohren schreiben, wenn sie sich bei den von ihnen organisierten Wohltätigkeitsveranstaltungen ganz groß in Szene setzen<br /> (lassen). Luther hat das ja treffend übersetzt: "Sie haben ihren Lohn dahin!"<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />

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  • : Blog von Kiat Gorina
  • : Tagebuch einer Schamanin, aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin.
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