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11. Juni 2009 4 11 /06 /Juni /2009 15:05
Seitdem einige Menschen wissen, dass ich ein Buch geschrieben habe, rufen Leute an, die mich um Rat fragen wollen. So auch heute vormittag: Da rief eine Frau an, sie wollte bei mir vorbeikommen, sie hätte da ein Angebot eines Literaturagenten. Ich sagte ihr, sie solle gleich vorschauen.

Kurz darauf kam sie angeschnauft: "Du, ich habe gegoogelt und eine Agentur gefunden, die wollten gleich mein gesamtes Manuskript haben und ein paar Tage später meldeten sie sich, sie schickten mir gleich per Email zwei Verträge! Ich bin ganz aufgeregt! Da, schau sie dir an."

Ich schaute mir die ausgedruckten "Verträge" an.

"Tja, das ist ja ein ganz besonderes Angebot! Bevor der einen Finger rührt, sollst Du ihm erst einen Auftrag für ein Korrektorat unterschreiben. Weißt Du, was das bedeutet?"

Sie schüttelte den Kopf.

"Also, Du sollst ihn beauftragen, dass er dein Werk korrigiert. Für jede Seite verlangt er 10 EUR. Wieviel Seiten hat dein Manuskript?"

"300 Seiten"

"Also, dann verlangt er von dir 3.000 EUR."

"Aber dann nimmt er meinen Text an!"

"Nö, davon steht da nichts. Der korrigiert nur, wahrscheinlich lässt er sein Rechtschreibprogramm drüberlaufen und kassiert dafür 3.000 EUR!"

"Aber da steht doch, dass er dann mit der Vermarktung beginnt!"

"Nö, schau mal genau hin! Du sollst einen weiteren Vertrag unterschreiben, dass Du ihm alle Urheberrechte für dein Werk für 25 Jahre überlassen sollst!"

"Ja, aber dann beginnt er mit der Vermarktung!"

"Aber Du hast keinen Einfluss mehr und Du hast auch nichts vereinbart, wieviel Honorar Du bekommst!"

"Wirklich?"

"Bestimmt! Da, schau mal in dieses Buch", und ich zeigte ihr ein Buch mit Standardverträgen für Autoren. "Da siehst Du, wie normalerweise ein Werkvertrag ausschaut. Bei dem Vertrag von diesem Typen steht nichts drin. Und außerdem, das Urheberrecht bleibt immer beim Autor. Und nach seinem Tod 70 Jahre lang bei den Erben. Bei einem Vertrag zwischen Verlag und Autor geht es stets nur um die Vervielfältigung und Vermarktung."

"Das glaube ich nicht!"

"Überleg doch mal. Was heißt, er beginnt mit der Vermarktung? In welchem Umfang? Wenn da nichts festgelegt ist, dann braucht er nur eine Kleinanzeige aufgeben, dann hat er schon mit der Vermarktung begonnen! Und wenn Du dann klagen solltest, hast Du schon verloren."

"Aber, aber ..."

"Nichts aber! Das ist ein richtiger Schüttelvertrag!"

"Was ist denn ein Schüttelvertrag?"

"Das ist ein Vertrag, da kannst Du nur bei soviel Frechheit den Kopf schütteln!"

"Woher weißt Du das alles?"

"Naja, ich habe halt die letzten Jahre so meine Erfahrungenn gemacht. Du glaubst ja gar nicht, was ich da so erlebt habe."

Sie wollte schon anfangen zu weinen. Da habe ich ihr einige Geschichten erzählt, die ich mit Verlagen, Agenturen und Lektoren selbst erlebt habe. Da ich das alles mit Humor nehme, lachte sie endlich mit. Und das ist ja wohl die Hauptsache.


(C) Copyright 2004-2009 by Kiat Gorina, Windsbach. Alle Rechte vorbehalten.
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Kommentare

G
<br /> Mal im Ernst: Der Verlag sollte das Korrektorat/Lektorat immer übernehmen. Das gehört m.E. bei einem seriösen Verlag einfach dazu.<br />
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K
<br /> <br /> Der Meinung bin ich auch! Leider gibt es einige schwarze Schafe  Oder es gibt welche, die verlangen ganz schön<br /> Kohle für solche Leistungen. Oder  sie wollen Autoren über den berühmten Tisch ziehen. Ich erhielt mal einen "Autorenvertrag", zur Sicherheit ging ich damit zum Anwalt. Er überflog den<br /> Vertrag, las sich fest, schüttelte den Kopf und fragte mich: "Haben Sie schon unterschrieben?" Als ich verneinte, meinte er: "Ja, nicht unterschreiben!" und erklärte mir die Fallstricke ... Als<br /> Nichtjuristin kam ich aus dem Staunen nicht heraus.<br /> <br /> <br /> <br />
C
Liebe Kiat, vielleicht hilft ihr ein Autorenseminar (z.B. beim Literaturhaus München erfragen) oder der Anschluß an eine Autorengruppe, damit ihr so etwas nicht wieder passiert. Liebe Grüße, Cellulanus P.S. Die Kommentarfunktion spinnt schon wieder. Will man im Text eine Zeile runter springen, dann bekommt man eine Fehlermeldung oder sendet den unfertigen Kommentar aus Versehen ab. Kannst Du bitte overblog mal wieder kräftig auf die Füße treten?
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K
<br /> Liebe Cellulanus,<br /> <br /> danke für diese Tipps! Es gibt schon eine Reihe guter Ratschläge im Netz zu finden. Aber auch da musst Du manchmal vorsichtig sein.<br /> <br /> Da gibt z. B. jemand einen Ratgeber raus für künftige Schriftsteller. Dann stellt sich raus, dass der Autor selbst Verleger ist, und zwar eines Privatverlages, und wenn Du alles nachrechnest, dann<br /> wird das sehr teuer ...<br /> <br /> Das mit den Problemen mit den Kommentaren gebe ich gleich weiter!<br /> <br /> Liebe Grüße, Kiat<br /> <br /> <br />

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  • : Tagebuch einer Schamanin, aufgewachsen in der mongolischen Steppe bei Nomaden, Vater deutsch, Mutter Mongolin.
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