Vorletzte Woche wurde ich in einen privaten Reitstall gerufen. Ein Hengst lahmte. Ich "reparierte" ihn, er lief danach wie ein junger Gott.
Letzte Woche rief mich die Besitzerin wieder, sie meinte, er lahme wieder. Ich fuhr hin, der Hengst erkannte mich und brummelte mich an. Seine Besitzerin verzog die Lippen und sagte leise: "Bei mir macht er das nie!" Da wusste ich schon, dass ich heute das letzte Mal in diesem Reitstall bin.
Ich untersuchte den Hengst, kein Wunder, dass er "lahmte". Ein Steinchen saß tief in der weißen Linie. Ich nahm den Hufkratzer, entfernte das Steinchen und untersuchte die anderen Hufe auch. Nun ja, die waren in Ordnung. Dann fragte ich, ob ich den Hengst mal laufen lassen könne. Ich band den Führstrick los und führte ihn zum Reitplatz. Dann stellte ich mich in die Mitte, suchte Augenkontakt mit dem Hengst und er fing an zu laufen.
Er fiel in einen Präsentiertrab, er sah richtig toll aus. Dann probierte ich, ob ich ihm Bilder schicken könne. Ich konnte. Er zog seine Kreise, wendete, fiel dann in Galopp. Ich schickte ihm das Bild einer Levade, und siehe da, er hielt an und stand auf seinen Hinterbeinen. Seine Besitzerin stand am Koppelzaun, ihre Lippen wurden immer schmaler.
Dann kam etwas auf mich zugerannt, etwas Getigertes, die Stallkatze. Das passte offenbar der Frau nicht: "Wir haben die Katze drei Tage gesucht. Und kaum sind sie auf dem Hof, ist die Katze da!"
Dann signalisierte ich dem Hengst, dass er zu mir kommt. Ich suchte nach seinen Lieblingsstellen, er rüsselte genüsslich. Dabei strich die Katze um meine Füße. Das war zuviel für seine Besitzerin: "Lassen Sie das! Das ist ein Andalusier! Die mögen das nicht!" Dann nahm sie ihren Hengst und führte ihn in seine Box.
Sie fragte mich: "Was bin ich Ihnen schuldig?" "Wofür?" "Ich habe doch nur die Hufe angeschaut. Ihr Hengst lahmt auf keinen Fall. Und wer auch immer die Hufe ausräumt, sollte sorgfältiger sein. So ein Steinchen kann nach innen wandern und dann haben Sie ein Problem!"
Sie drückte mir ein paar Geldscheine in die Hand. "Reicht das?" Ich nickte. Ich sagte "Tschüsch" und ging zu meinem Auto und wollte einsteigen. Das war gar nicht so einfach. Welche Tür ich auch aufmachte, schwupp, saß die Stallkatze drin. Fragend sah sie mich an: "Und geht es jetzt los?"
Ich rief nach der Besitzerin und bat sie, ihre Katze festzuhalten. Das tat sie. Ich tuckerte dann nach Hause. Mir war klar, dass ich nicht mehr zu diesem Stall gerufen werde. Die Besitzerin kann es offenbar nicht vertragen, dass eine Fremde wie ich einen Draht zu ihren Tieren aufbauen kann. Pure Eifersucht eben.
So etwas verstehe ich nicht. Im Gegenteil, ich wäre froh, wenn die Tiere sich wohlfühlen und keine Angst haben. Wo ist das Problem?
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