Heute früh kam ich gerade aus dem Stall, da radelte eine Bäuerin ganz schnell auf meinen Hof - regelrecht atemlos: "Habt ihr auch keinen Strom?" wollte sie wissen. Das war mir noch gar nicht aufgefallen.
Also gingen wir ins Haus, stimmt, auch die Festnetztelefone waren tot. Ach ja, da gibt es ja die Möglichkeit auf Notbetrieb umzuschalten. Wo ist bloß der Schalter? Eigentlich ist das so ein Mikroding, selbst mit ganz spitzen Fingernägeln nicht zu bewegen. Also mit einem spitzen Gegenstand das Schieberchen in die andere Richtung geschoben.
Und die Nummer des Stromversorgers herausgesucht und antelefoniert. Es kam natürlich die Meldung "Alle Plätze sind belegt! Sobald einer frei ist, ..." Das kann ja dauern. Um nun die Wartezeiten zu überbrücken, schaltete sich eine andere Stimme ein: "Sie können uns auch ein Fax schicken!" Wie denn? Oder gibt es Faxgeräte mit eingebautem Kurbeldynamo? Das muss ich doch gleich einem Bekannten erzählen, er nennt sich Erfinder und ist immer auf der Suche nach Ideen.
Und es kam natürlich auch der Rat: "Sie können uns auch eine E-Mail schicken, die Adresse ist ..." Also, verarschen kann ich mich alleine! Wer denkt sich denn solch einen Quatsch aus!
Später versuchte ich es noch einmal. Jemand hat offenbar diese Quatschmaschine abgeschaltet. Eine ziemlich hektische Stimme vom Band erzählte von einem Stromausfall im Bereich Rothenburg, vom dem viele Teile des Landkreises Ansbach und auch Neustadt/Aisch betroffen sind. Wie lange die Störung dauere,das wüssten sie nicht. Aber sie arbeiten dran! Wie schön.
Die Bäuerin hatte sich mittlerweile beruhigt, ich wollte ihr einen Kaffee anbieten, aber ohne Strom? Da gibt es doch noch den alten Werkstattofen! Genau. Wir zerrten den Kanonenofen ins Freie, ich holte Holz aus der Holzlege, und bald knisterte ein Feuer. Ich holte meine Kaffeemühle - ein antiquarisches Modell aus Holz - aber mit einem sehr guten Mahlwerk. Im Nu waren die Espressobohnen gemahlen - im Handbetrieb. Die Bäuerin staunte: "So etwas hatte meine Uraoma auch, aber das haben wir weggeschmissen."
Dann holte ich meinen "Vulkan" - meine stromlose Espressomaschine - aus der Küche und füllte ihr Unterteil mit Wasser, das Siebteil mit Steigrohr mit dem gemahlenen Espresso und schraubte alles zu. "Was soll das werden?" wollte die Bäuerin wissen. Ich: "Ein sehr guter Espresso!"
Es dauerte auch nicht lange, dann fing dieses Maschinchen zu fauchen an. Die Bäuerin wollte schon in Deckung gehen. Und ich goss uns dann zwei Tassen ein. Die Bäuerin probierte und war überrascht: "So ein guter Kaffee!" Und weiter: "Du regst dich wohl nie auf?"
"Wieso? Da wo ich aufgewachsen bin, in der mongolischen Steppe, da gab es keinen Strom, kein fließendes Wasser, keine Glühbirnen, und trotzdem haben die Menschen gelebt und überlebt."
Und wir kamen ins Plaudern. Da kam mein Bär zurück - mit Riffel. Er war zu ihrem morgendlichen Spaziergang losgezogen. "Es dauert mindestens noch zwei Stunden!", begrüßte er uns und fuhr fort: "Am Trafohäuschen traf ich einen vom Stromversorger, er tauschte gerade ein Teil aus und meinte, dass es mindestens noch zwei Stunden dauert." Tja, nun wussten wir alle Bescheid.
Die Bäuerin schwang sich auf ihr Fahrrad, mein Bär kochte sich auf dem Ofen im Freien noch einen Tee und Riffel trank frisches Wasser. Ungekocht! Tiere sind nicht auf Strom angewiesen - wer ist da wohl zivilisierter? Mensch oder Tier?
Wenn jemand nicht weiß, wie mein Vulkan ausschaut, in diesem Video gibt es einen zu sehen:
Bialetti Brikka 2 - Espresso doppio mit Crema in 5 Min 45 Sek! - Espressomaschine café